Moppel du – wenn Pferde zu dick sind

Essen ist wichtig. Da sind wir uns einig. Wir Menschen nehmen die Sache mit der Ernährung sogar immer ernster [1]. Es soll gesund sein. Wenn Fleisch, dann nicht so viel. Viel Obst und Gemüse, klar. Doch machen wir Reiter uns auch Gedanken über die

Egal ob jung oder alt - auf das Gewicht sollte geachtet werden
Egal ob jung oder alt – auf das Gewicht sollte geachtet werden

„Ernährung“ unserer Vierbeiner? Ich würde sagen: ja. Sind wir ehrlich – in welchem Schrank stehen keine Zusatzfuttermittelchen – von Mineralfutter über Muskelaufbaupräparate bis hin zu verschiedenen Ölen. Weiterhin stehen auch große Tonnen prall gefüllt mit verschiedenen Müsli- und Mashsorten herum. Auch wenn wir es sicherlich nur gut meinen – oft stehen die Folgen dann als kugelrunde „Fässer“ in den Boxen deutscher Ställe.

 

Im heutigen Blogartikel möchte ich Euch (mitten in der Weidesaison) über die Gefahren, Hintergründe und Möglichkeiten dicker Pferde informieren.

Rund = Gesund??

Einfache Antwort auf diese Frage: NEIN. Der Vergleich zum Menschen ist hier durchaus angebracht. Wir merken jedes Kilo, wenn es gilt einen Berg zu besteigen – oder sei es nur der Gang zum Bäcker in der Mittagspause des 8 Std. Bürojobs. So geht es auch unseren Pferden, wenn wir sie auf Spring-, oder Dressurplatz, in der Halle oder im Gelände bewegen. Die Folge: Die Pferde werden unmotiviert und träge (auch hier darf gerne mit uns Reitern/Menschen verglichen werden 😀 ). Noch viel schlimmer sind allerdings die gesundheitlichen Folgen.
Erster „Angriffspunkt“ von Übergewicht sind die Beine des Pferdes. Überflüssige Pfunde belasten die Knochen, Gelenke, Sehnen und Bänder stark. Sog. Wohlstandskrankheiten, die es mittlerweile auch bei Pferden gibt, sind z. B. die Arthrose oder weiter unten am Pferdebein die (manchmal chronische) Hufrehe. Im letzten Blogeintrag konntet ihr bereits einiges über diese zwei Krankheiten lesen. Hauptursache: Übergewicht. Auch die inneren Organe werden bei Übergewicht stark in Mitleidenschaft gezogen: Nieren- und Leberschäden, Darmprobleme bis hin zu gefürchteten Koliken. (Für alle Interessierten: Ein detaillierter Blick auf Wohlstandskrankheiten wird in diesem Buch geworfen.)

Die Frage nach dem Warum

Die Gründe warum ein Pferd zu dick ist, sind so zahlreich wie ihre Folgen. Von Natur aus sind die Herdentiere dazu ausgelegt den größten Teil des Tages mit Fressen zu verbringen – allerdings mageres Steppengras, welches lange nicht so viel Energie enthält wie in diesen Breitengraden befindliche Wiesen. Saftig und grün – mit allerhand Nährstoffen und Energie. Ursprünglich waren sie für Kühe gedacht, die für die Fleisch- und Milchproduktion gut ernährt sein müssen. Für unsere Freizeitpferde ist dieses Hochleistungsgras oft eine Nummer zu gehaltvoll. [3] Auch die Menge an Kraftfutter, die wir Reiter und Pferdebesitzer hinzufüttern – um das Pferd ein wenig „spritziger“ zu bekommen – ist nicht immer angebracht. Oft verbrauchen Pferde diese Energie gar nicht, welche wir ihnen dabei zuführen. Die überschüssige Energie finden wir in nicht allzu entfernter Zukunft als weiche Fettpölsterchen wieder. Hinzu kommt, dass Pferde von diesen Portionen gar nicht richtig satt werden. Ihr Sättigungsgefühl wird vor allem durch große Mengen an Raufutter, die den Darm über lange Zeit beschäftigen, befriedigt.
Zuletzt folgt noch, dass wir Reiter oftmals gar nicht die Zeit haben die Tiere ausreichend zu bewegen. „Heute gönne ich ihm mal einen Stehtag.“ Klingt nach einer guten Idee, doch viele Pferde bekommen mit unserer heutigen Haltung (viel Box, wenig Auslauf, vor allem oft allein) nicht mehr die nötige Bewegung, welche sie benötigen. Quellen zu Folge benötigt ein Pferd ungefähr 10 km Bewegung um Gesund und Fit zu bleiben. Eine Stunde auf dem Reitplatz mit viel Trab und Galopp bringen nur ca. die Hälfte. [4]

Wie dick ist mein Pferd wirklich
Kaltblüter besitzen eine andere Statur, als z. B. Rennpferde - eine objektive Bewertung ist trotzdem möglich
Kaltblüter besitzen eine andere Statur, als z. B. Rennpferde – eine objektive Bewertung ist trotzdem möglich

Wie dick dein Pferd wirklich ist, ist zum Glück relativ einfach zu bewerten. Das Forscherteam des Kentucky Equine Research hat dafür den „Body Condition Score“ entwickelt. An Hand verschiedener Kriterien (Verdickung des Halses, Fettablagerung auf dem Widerrist, hinter der Schulter, an den Oberschenkeln) wird die Verfassung des Pferdes in 9 Gruppen (1 sehr sehr dünn, 5 moderat bis 9 extrem fett) eingeteilt. Die originale Datei (in Englisch) findet Ihr hier. In Deutsch kann ich Euch einen anderen Artikel des Blogs „Pferdialog.de“ empfehlen. Dieser informiert ein wenig genauer über den BCS und bezieht Ausnahmen mit ein. Den Artikel findet ihr hier.

Diät für mein Pferd

Eine Diät für ein Pferd auszulegen ist gar nicht so einfach. Die Pferde sind immerhin schon von Natur aus so „gebaut“, dass sie ständig Nahrung zu sich nehmen.

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(c) Grafische Anstalten Hassa & Karl GbR und Comic-Schilder.de – Erhältlich auf Amazon 😉

Die wichtigste Regel für jede Art von Diät lautet: KEINE NULL-DIÄT! Dies ist nicht nur für uns Menschen überaus schädlich, sie kann auch für unser Pferd schwerwiegende Folgen nach sich ziehen. Magengeschwüre, Darmentzündungen, Koliken oder Organversagen können die Folge einer pferdischen Null-Diät sein.

Einen speziellen Diätplan gibt es für Pferde nicht. Sie unterscheiden sich genau wie wir Menschen viel zu sehr voneinander. Dennoch gibt es auch bei Ihnen zwei Stellschrauben, an denen wir drehen können: die Bewegung und die Futtermenge. Bei beiden Schrauben ist es allerdings wichtig stets behutsam zu agieren. Ein Pferd, welches wochen- oder monatelang nur leichter Bewegung ausgesetzt war, sollte nicht am nächsten Tag das 2 stündige Springtraining abverlangt werden. Eine leichte, aber stetige Steigerung von Dauer oder Intensität ist hier das Mittel zur Wahl. Auch bei der Futtermenge gilt es langsam vorzugehen. Leicht können Veränderungen an der Anzahl der Koppelstunden, oder der Koppelfläche getan werden. Bei verringerter Dauer auf den Weiden sollte das Pferd natürlich nicht direkt in die Box geschickt werden. Hier verbringt das Pferd seine Zeit nur mit stehen – genau wie wir wenn wir auf unserem Bürostuhl gefangen sind. Große Sandpaddocks auf denen mit Freunden gespielt werden kann – das ist die richtige Alternative. Auch die Menge des Kraftfutters ist entscheidend. Pferde die nur wenig Bewegung haben brauchen davon eigentlich viel weniger, als wir ihnen täglich füttern. Auch Kalorienbomben wie verschiedene Sorten von Ölen sollten vermieden werden. Alternativen zu reichhaltigen Müslisorten gibt es mittlerweile auch: Diät-Futtermittel sind von den verschiedensten Firmen erhältlich. Trotz dessen ist die „richtige“ Menge abzuschätzen gar nicht so einfach. Einen Rat vom Tierarzt, oder dem Spezialisten Ihrer Wahl einzuholen ist hier wohl genau das Richtige.

 

Wenn Pferde zu dick sind – das passiert dem Besten einmal. Doch entscheidend ist, was man dagegen tut. Die gesundheitlichen Risiken sind schlicht zu hoch, um das Thema auf die leichte Schulter zu nehmen.

Ich hoffe ich konnte Euch einen guten Überblick über das Thema „dicke Pferde“ geben und vielleicht für die ein oder andere Überlegung hinsichtlich der Ernährung unserer Liebsten geben.

Wenn Ihr Euch ein Thema wünscht, welches ich im Blog behandeln soll – immer her damit 😉 Bis dahin eine schöne Woche und bis nächsten Mittwoch 🙂


[1] http://www.nestle.de/zukunftsstudie/uebersicht
[2] https://ker.com/
[3] http://pferdialog.de/idealgewicht-erkennen-und-erhalten/
[4] http://www.equimondi.de/magazin/157-pferdehaltung/beziehung-mensch-pferd/447-krank-durch-bewegungsmangel